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Werden die Niederlande langsam zum "Singapur an der Nordsee"?

Werden die Niederlande langsam zum 'Singapur an der Nordsee'?

Wir sprachen für diese Ausgabe von Beton & Stahlbau mit Paul Laseur, einem der Gesichter der von BNR Nieuwsradio und Experte für das Bauwesen in den Niederlanden und alle Entwicklungen, die damit zusammenhängen können. Wir haben ihm fünf zufällige Fragen und Aussagen zur Inspiration gestellt.

Politiker sollten sich für den enormen Rückstau im Wohnungsbau in den Niederlanden schämen
"Nein, da bin ich anderer Meinung. In der Tat kann man nicht nur die Politik dafür verantwortlich machen. Die Bauindustrie sollte auch auf sich selbst schauen. Es zeugt schließlich nicht von echtem Unternehmertum, wenn man die Verantwortung auf 'Den Haag' schiebt. Als Bauwirtschaft hätten Sie selbst die Initiative ergreifen können. Setzt man als Unternehmer nicht seine eigene Agenda? Zumindest sollte es so sein."

"Sie wissen ja, dass es einen Bauwunsch gibt. Dann machen Sie doch schöne Pläne. Gleichzeitig verstehe ich auch - aufgrund der Krise vor einigen Jahren - die Zurückhaltung, aber andererseits denke ich immer noch, dass sich die Bauindustrie schneller oder besser hätte modernisieren können. Aspekte wie Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft hätten schon viel früher in die Geschäftsmodelle aufgenommen werden können. Ich sehe zu meinem Bedauern, dass die kleinen Unternehmen zu sehr zurückbleiben. Zum Beispiel die BIM-Geschichte: Das scheint jetzt eher für die großen Unternehmen prädestiniert zu sein. Das ist sehr schade. Das scheint eine verpasste Chance zu sein. Also... die Bauindustrie sollte vor allem auf sich selbst schauen. Von dort kommt die wahre Kraft."

Wir sind im Bauwesen in den Niederlanden immer noch nicht innovativ genug
"Ja, ich stimme zu. Ich habe es in der vorherigen Erklärung gesagt: die großen Parteien tun es. Aber kleine Unternehmen im Baugewerbe müssen erkennen, dass Innovation weit über die Entwicklung neuer Produkte hinausgeht. Es geht auch darum, eine bessere oder intelligentere Automatisierung anzustreben. Oder wie sieht es mit neuen Finanzierungsstrukturen aus? Wie wollen Sie als Arbeitgeber auftreten? Und können Sie die Sicherheit auf der Baustelle erhöhen?"

"Außerdem sehe ich, dass kleine Parteien oft noch zu viel Angst vor dem Konkurrenten haben. Warum nicht mehr kooperieren wollen? Auch das ist eine Form der Innovation und des innovativen Denkens. Bauen in den Niederlanden ist teuer. Und riskant. Genau aus diesen Gründen müssen kleinere Bauunternehmen eine andere Denkweise entwickeln. Denn für diese kleineren Unternehmen gibt es noch Chancen. Auch hier geht es also um Unternehmertum."

Paul Laseur
Ist uns eigentlich bewusst, dass die Niederlande immer mehr überfüllt sind? Und dass wir dem nicht entkommen können? Werden die Niederlande zum Singapur an der Nordsee mit noch nie dagewesenen Hochhäusern?

Nachhaltigkeit im Baugewerbe: Es wird immer schwieriger, das den...
"Tja.... Ich sehe schon, dass sich ein Aspekt wie Nachhaltigkeit viel besser verkaufen lassen sollte. Ich verstehe den Zeitgeist, ich sehe auch die Diskussionen im Land, aber vielleicht müssen wir alle anfangen, viel mehr über die (Wieder-)Verwendung von Materialien zu erzählen. Kommunikation ist das Schlüsselwort."

"Inhaltlich muss die Bauindustrie in diesem Bereich möglicherweise Abstriche machen, um die Unterstützung für alle Arten von Projekten zu finden, bei denen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft eine große Rolle spielen. Letzten Endes muss man in der Lage sein, die Menschen mit ins Boot zu holen.

Die Bildung in den Niederlanden vermittelt nicht das Wissen, das wir brauchen, um weiterhin intelligente Gebäude zu bauen
"Ich glaube, dass man auf der Baustelle immer noch am meisten über das Bauen lernt. Lehrstellen sind daher unerlässlich. Generell plädiere ich für mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung in der Gesellschaft für handwerkliche Fähigkeiten und handwerkliches Können. Es wäre daher besser, von nun an von "praktisch ausgebildeten" statt von "schlecht ausgebildeten" Bauarbeitern zu sprechen. Andererseits sehe ich, dass die Architektur in den Niederlanden von  Spitzenniveau. Die Bauingenieure, die aus den niederländischen Hochschulen und Universitäten kommen, sind Weltklasse. Mit einer wissenschaftlichen Bauausbildung kann man also nicht viel falsch machen."

Wie werden die Niederlande im Jahr 2040 aussehen?
"Wir werden berücksichtigen müssen, dass die Niederlande tatsächlich zu einer Art 'Stadtstaat' werden. Ob wir das wollen oder nicht. Singapur an der Nordsee. Alles wird sich auf 'die Stadt' konzentrieren, eine große Metropole aus miteinander verbundenen Städten wie Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht, die immer besser vernetzt sein müssen. Die Mobilität wird also ein wichtiger Faktor sein, wenn nicht sogar der wichtigste!"

"Und auch die letzte Meile. Wie sieht es also mit der Erreichbarkeit unserer Arbeitsplätze aus? Können wir wirklich überall hinkommen? Ich denke also, dass sich multipolare Metropolen herausbilden werden. Ob das schon 2040 der Fall sein wird, bezweifle ich. Das ist relativ früh, aber wir bewegen uns in diese Richtung. Wir kennen unsere demografischen Erwartungen. Das bedeutet, dass in den Niederlanden eine Vision für das Bauwesen entwickelt werden muss. Wie gehen wir mit den immer älter werdenden Niederlanden um? Wie können wir mehr Funktionen in den Städten schaffen, die ein hohes Maß an Lebensqualität aufrechterhalten?" 


Über Paul Laseur
Paul Laseur (51) ist ursprünglich Anwalt für Baurecht und ist jetzt als Wirtschaftsjournalist eines der Gesichter von BNR Nieuwsradio. Dort ist er u.a. Programmmacher, Kolumnist und Moderator der Sendung 'Bouwmeesters'. "Das Bauen hat mich von klein auf interessiert. Denn was gibt es Schöneres als etwas zu bauen? Das kann mich wirklich fesseln. Wenn etwas fertig ist, finde ich das faszinierend. Vor allem, wenn man den Prozess bedenkt, der manchmal dem schönen Endergebnis vorausging."

Text und Bild | Jerry Helmers

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