Low & Bonar hat seinen Geschäftsbereich für Hightech-Strukturfasern der Marke Adfil zum 1. Juli 2019 offiziell an einen neuen Eigentümer verkauft. Das "Betonlabor" der internationalen Gruppe kann nun auf eigenen Füßen stehen. Unter demselben Namen und am selben Standort, aber vor allem mit einer neuen, mutigen Ausrichtung. "Wir wollen noch in diesem Jahr profitabel sein", geben sich CEO Tom Winters und COO Ives Swennen ehrgeizig.
Es war seit langem ein offenes Geheimnis, dass die internationale Gruppe Low & Bonar durch den Verkauf ihres Geschäftsbereichs Adfil structural fibres Bargeld beschaffen wollte, um dieses Geld in Geschäftsbereiche zu investieren, die nach Ansicht des Spezialisten für technische Textilien rentabler sind. Adfil steht für Anglo Danish Fibres Industry Limitedein ursprünglich anglo-dänisches Unternehmen mit Hauptsitz in Hull, das Mikrofasern herstellte, wurde von Low & Bonar aufgekauft, das dann die Produktion in Belgien integrierte.
Im Frühjahr 2017 investierte Low & Bonar in ein brandneues Betonlabor in Zele, Ostflandern, um seine konstruktiven Fasern stärker auf dem Markt zu etablieren. Am Ende beschloss die internationale Gruppe jedoch, den Geschäftsbereich zu verkaufen, da er unter ihrer Leitung Verluste machte. Der neue Eigentümer ist ein privater Investor, der in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolgreich in Unternehmen investiert hat und langfristig denkt. Das Tagesgeschäft wird in den Händen von CEO Tom Winters und COO Ives Swennen liegen, die beide auch in die Geschäftsführung wechseln werden. Beide Männer haben das Betonlabor 2017 mitbegründet und
Sie "ziehen" also mit um, ebenso wie alle 36 Mitarbeiter und alle Immobilien und Ausrüstungen.
Durus EasyFinish und Durus EasyShot synthetische Makrofasern © Adfil
Der Markenname Adfil wird auch der Name des neuen Unternehmens sein, das allerdings in Zele verbleibt. Es gibt auch ein Verkaufsbüro in England, in dem sechs Vertriebsmitarbeiter arbeiten. Tom Winters: "Wenn wir früher Geld brauchten, konnten wir uns an die Gruppe wenden, jetzt müssen wir für uns selbst sorgen und unser eigenes Geld aufbringen. Unser erstes großes Ziel? Zu zeigen, dass wir nach einem Jahr profitabel sind. Außerdem wollen wir mehr Service bieten, und das können wir jetzt als unabhängiges Unternehmen bewusster tun."
Mikro- und Makrosynthetikfasern werden zunehmend zur Verstärkung von Beton eingesetzt, als nachhaltige Alternative und/oder Ergänzung zur Stahlbewehrung oder Stahlfaserbetonbewehrung. Die richtige Dosierung der Fasern macht in vielen Anwendungen, wie z.B. bei Betondecken im Innen- und Außenbereich, Stahlnetze oder Fasern sogar überflüssig. Bis vor einigen Jahren hatte die Bauindustrie wenig Verständnis für die enormen technischen Möglichkeiten dieser synthetischen Fasern, aber allmählich scheint der Markt reif dafür zu sein.
Winters: "Immer mehr Betonhersteller, Ingenieurbüros und Bauunternehmen ziehen Polymerfasern der herkömmlichen Stahlbewehrung vor. Wir wollen auch diese drei Parteien überzeugen. Beachten Sie: Unsere Fasern können nicht alle herkömmlichen Stahlbewehrungen ersetzen. Sie können nicht in allem verwendet werden, was 'überspannt' wird, wie z. B. Brückenstrukturen oder Betonböden über Fenstern oder Türen."
Seit Mitte letzten Jahres ist Adfil in Belgien sehr aktiv, auch dank der Erlangung des sogenannten ATG-Zertifikats. "Wir haben zwei Jahre für die Tests gebraucht. Diese Tests wurden mit dem schlimmstmöglichen Beton durchgeführt, dem Worst-Case-Szenario also. Die Verarbeitbarkeit und Homogenität des Betons wurde so unter extremsten Bedingungen nachgewiesen. Dank des Zertifikats sind die belgischen Unternehmen nun auch nicht mehr gezwungen, ausschließlich Stahl als Bewehrung zu verwenden. In Belgien werden jährlich etwa 12 Millionen Kubikmeter Beton gegossen, von denen weitere 95% mit Stahlmatten bewehrt werden, es gibt also noch viel Potenzial für eine bessere Bewehrung". Inzwischen arbeitet Adfil mit Interbeton zusammen, einem der größeren Akteure in Belgien.
Adfil erwirtschaftet heute einen Umsatz von 15 Millionen Euro - mit monatlich steigenden Zahlen - und liefert seine Fasern direkt an Betonwerke oder über bevorzugte Partner. Bei letzteren handelt es sich um kommerzielle Akteure, die im Vorfeld mitinvestieren und ihre Marke vollständig auf dem Markt platzieren. Die Kunden von Adfil für 90% befinden sich außerhalb Belgiens, aber allmählich verfallen auch die Betonwerke in den Benelux-Ländern dem Charme ihrer Fasern.
Aufbau einer Druckschicht mit Durus EasyFinish-Bewehrung © Adfil
Die Kunstfaserverstärkung hat noch einen besonders großen Wachstumsspielraum, gerade weil so viele Märkte noch unerschlossen sind. Die Dosierung (Kilogramm pro Kubikmeter) wird immer niedriger, von 12 kg auf jetzt 3 kg. Ives Swennen: "Wir versuchen, in jeder Facette der Faser innovativ zu sein: bei der Farbe, bei der Bindung der Faser im Beton und bei allen mechanischen Eigenschaften wie Kraftübertragung, Zugfestigkeit und Steifigkeit. Wir wollen uns dadurch unterscheiden, dass wir ein Produkt auf den Markt bringen, das nicht nur auf den Fasereigenschaften basiert, sondern auf der tatsächlichen Leistung im Beton. So können wir nach vielen externen Tests nun die genaue Betonzusammensetzung der Kunden zusammen mit unseren Fasern testen und so die genaue Leistung kennen."
Der neue Eigentümer hat kürzlich beschlossen, in zusätzliches Verkaufspersonal zu investieren, das sowohl über technische als auch kaufmännische Kenntnisse verfügt. Für die Zukunft plant Adfil, alle Gewinne in das Unternehmen zu reinvestieren. "Dadurch, dass wir endlich auf eigenen Füßen stehen, werden wir nicht nur Schritt für Schritt wachsen, sondern wir wollen auch unsere Mitarbeiter glücklicher machen. Wir werden jetzt ein kleiner, aber sehr flexibler Akteur sein, bei dem unsere Mitarbeiter auch verschiedene Rollen kombinieren. Deshalb wollen wir uns auch wirklich auf die Arbeitszufriedenheit konzentrieren, denn wir schätzen die Person hinter dem Mitarbeiter sehr", so die beiden abschließend.