Plattform zu Beton und Stahl im Bauwesen
Rechtbank Amsterdam ist neues Wahrzeichen an der Zuidas

Amsterdamer Gericht ist neues Wahrzeichen der Zuidas

Ein Rätsel aus Stahl und Beton

Ende 2020 wird die neue Rechtbank Amsterdam am Parnassusweg ihre Pforten öffnen. Der 47.250 m² große Komplex (und das 9.000 m² große Parkdeck) wird an der Stelle des alten Gerichtsgebäudes entstehen, das als eher anonymes weißes Gebäude durch einen erkennbaren, offenen und repräsentativen Entwurf von Kaan Architects ersetzt wird. Dieses Büro war Teil des siegreichen Konsortiums NACH (New Amsterdam Court House) zusammen mit Macquarie Capital, ABT und DVP.  Für die Ausführungs- und Verwaltungsphase wurden Heijmans Utiliteit und Facilicom in das Konsortium aufgenommen. Der Hof wird im Rahmen eines DBFMO-Vertrags im Wert von über 235 Mio. EUR gebaut, der auch 30 Jahre lang Management, Wartung und Facility Services umfasst.

Ab Dezember werden in dem neuen und größten Gericht der Niederlande jährlich 150 Tausend Sitzungen abgehalten werden. "In den unteren fünf Etagen werden dreißig Gerichtssäle, Vernehmungsräume, Foyers, ein Restaurant und Sitzungsräume untergebracht, während die oberen fünf Etagen Büros und eine Bibliothek beherbergen werden", beginnt Bauke van der Goot von Heijmans Utiliteit, der als Prozessmanager für das Konsortium tätig ist. "Ein so umfangreiches Programm auf einer relativ kleinen Grundfläche abzuwickeln, ist eine große Leistung. Kaan Architecten hat die Sitzungssäle wie ein Puzzle gestapelt; nicht gerade übereinander, sondern um 90 Grad gedreht. Das war sowohl strukturell als auch logistisch ziemlich komplex."

Noch leeres oberes Stockwerk

Der Büroboden ist wind- und wasserdicht. Die Stahlkonstruktion (Decke) ist voll von Aussparungen für Installationen. (Bild: Marcel Steinbach)

 

Welt aus Beton, Welt aus Stahl

Die Unterkonstruktion mit allen Hallen wurde hauptsächlich aus Ortbeton hergestellt. Van der Goot: "Bei dieser komplexen Stapelung von Hallen konnte man vor einem Jahr ein interessantes Zusammenspiel der Kräfte von Beton und auch Stahl sehen, wo es manchmal mehr Gerüste und Stützen als Beton gab. Bedenken Sie, dass einige Wände über 10 Meter hoch sind." Dieser Unterbau steht auf einem zweigeschossigen Untergeschoss, das auf 635 schwingungsfrei gebohrten Hek-Kombipfählen und 168 Gewi-Ankern gegründet ist. Der Überbau des Komplexes ist eine Stahlkonstruktion. Van der Goot: "Oberhalb des fünften Stockwerks geht die Betonwelt in eine Stahlwelt über. Das ergibt eine leichtere Struktur und man kann schneller bauen. Die Büroetagen sind mit schlanken Stahlblechbetondecken, Systemwänden und Systemdecken konstruiert."

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Eindrucksvolles Foyer, mit viel pflegeleichtem Naturstein (Bild: Beauty & The Bit, KAAN Architects)

 

Integraler Berater

Die statischen Details und Berechnungen dieses anspruchsvollen Entwurfs stammen von ABT, das als integraler Berater auch für Installationstechnik, Bauphysik, Sicherheit, Brandschutz und Kostenberatung zeichnete. Statiker Jan Willem ten Have und Projektleiter Jelle Roks waren zwei Jahre lang intensiv beteiligt. Roks: "Wenn man bedenkt, dass bei ABT zeitweise bis zu sechzig Leute an diesem Auftrag gearbeitet haben, versteht man die Größe und Komplexität ein wenig. Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Konstruktion zu optimieren. Das begann schon bei der bestehenden Gründung: Die neue Pfahlgründung wurde so konzipiert, dass kein einziger Pfahl aus der alten Pfahlgründung gezogen werden musste. Letztendlich konnten alle neuen Gründungspfähle problemlos in den Boden eingebracht werden. Es war sehr praktisch, dass ABT damals den alten Hof in Amsterdam ausgearbeitet hat. Und wir hatten noch alle Daten dazu."

Einsätze

Für den Überbau wurden in der Ausschreibungsphase alle Varianten berechnet. Ten Have: "Ganz Stahl, ganz Beton, Hybrid bis zum fünften Stock, bis zum siebten.... Erst nach der Ausschreibung fiel die Entscheidung und es wurde Beton bis einschließlich des fünften Geschosses und darüber Ganzstahl. Das Gebäude hat vier Stabilitätsachsen an den kurzen Seiten der beiden großen Innenhöfe." Roks: "Es war nicht einfach, die gestapelte Konstruktion für die Hallen auszuarbeiten. Die Stabilitätswände erstrecken sich nicht überall, und große Kräfte können auf sehr kleine Flächen wirken. An den Knotenpunkten wurden Stahleinlagen eingefügt, um die Kraft von einer Wand durch den Stahl auf die Wand zu übertragen, die neunzig Grad darüber liegt."

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Montage der Fassade mit Hubgerüst. (Bild: CSM Steel Structures)

 

Dreizehntausend Vertiefungen

Eine weitere Herausforderung lag in den Installationen. Roks: "Alle Aufgabenstellungen wurden sehr geschickt in Räume mit entsprechenden Grundflächen und -höhen umgesetzt. Allerdings blieb für die Installationen zwischen den Decken und der Tragkonstruktion fast kein Platz. Sie mussten durch das Bauwerk hindurchgehen. In einer Optimierungs-/Sparübung wurden auch runde Kanäle quadratisch gemacht, was mehr Fläche für die Durchdringungen bedeutete. Um alle dreizehntausend Öffnungen in der Tragkonstruktion zu berechnen und zu kontrollieren, haben wir gemeinsam mit Heijmans ein spezielles Programm entwickelt, das auf Revit mit der Software Dynamo basiert. Jede Aussparung wurde darin eingegeben und von Bauunternehmer und Statiker genehmigt; wenn sie genehmigt war, wurde sie in BIM kopiert und als Aussparung dargestellt." Ten Have: "Es gibt fast keinen Träger, durch den nichts geht. Auf herkömmliche Weise wäre das nicht zu bewältigen gewesen."

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Büroetagen: bestehend aus Stahlkonstruktionen und Stahlblechbetonböden. (Bild: CSM Steel Structures)

 

6.000 Tonnen Stahl

ABT lieferte die Stahlkonstruktionen bis zur technischen Planung und die Betonkonstruktionen bis zur ausführungsreifen Planung. Die Detailzeichnungen der Stahlkonstruktionen wurden vom Hersteller CSM Steel Structures angefertigt. Jules Vankevelaer, Projektleiter bei CSM: "Um unseren Input- und Ausführungsideen in Bezug auf Machbarkeit und Bauablauf gerecht zu werden, saßen wir schon früh mit dem Konsortium am Tisch. Das ist nur fair, wenn man 3.500 Tonnen für den Überbau, 1.900 Tonnen für den Unterbau und 580 Tonnen für die dekorativen Stahlkappen der Fassaden liefern und montieren muss. Am beeindruckendsten sind die Fassadenstützen, die bis zu 23 Meter lang sind. Um eine dichte Fassade zu gewährleisten, wurde die Toleranz bei der Platzierung gering gehalten. Zu diesem Zweck haben wir ein Verfahren entwickelt, bei dem die Säulen unmittelbar nach der Verlegung der Böden gesetzt werden, bevor diese aushärten."

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Das neue Amsterdamer Bezirksgericht am Parnassusweg. (Bild: Marcel Steinbach)

 

Intelligentes Gebäude

Der Stahlüberbau ab dem fünften Stockwerk wurde innerhalb von 20 Wochen hochgezogen. Vankevelaer: "Um dies zu erreichen, wurden die Arbeiten in drei Zonen unterteilt. Für jede Zone wurde ein kompakter Bauablauf eingehalten, den wir auch beim Timmerhuis in Rotterdam verwendet haben.   Dabei haben wir beispielsweise den Stahl für die Stockwerke 6 und 7 montiert und die vorübergehend gespannten Binder im 7. Dadurch konnten die Endplatten der Binder mit eingegossen werden, was eine gute Verbindung zwischen Stahl und Beton ermöglichte. Erst dann wurde die 6. Etage errichtet. Durch diese Bauabfolge und Zonierung nimmt man so viele Tätigkeiten wie möglich aus dem kritischen Pfad heraus und schafft Kontinuität auf der Baustelle." Die Binder, von denen der größte 21,6 m lang und 4,8 m hoch ist, wurden vormontiert geliefert.

Dekorative Kappen

Der zweite Teil des Auftrags von CSM umfasst die Herstellung, Lieferung und Montage der Zierkappen, die um die Stahlfassadenstützen herum angebracht werden. Verkevelaer: "Wir haben die Montage der Fassade in einem Testaufbau optimiert. Für die Aufhängung der Fassadenelemente wurden Blöcke an die Stützen geschweißt. Unsere Stahlhauben hängen an separaten U-förmigen Bügeln, die in alle Richtungen verstellbar sind, so dass ein dichtes Fassadenbild entsteht. Um die Hebemasten zu berücksichtigen, wurden Tüllen und spezielle Hebebalken angefertigt. An dieser Montage werden wir bis zum Ende der Bauzeit arbeiten." Am 16. Oktober 2020 wird der Hof vollständig eingerichtet und den Nutzern zur Verfügung gestellt; zwei Monate später erfolgt die Endabnahme mit der Ausstellung der Fertigstellungsbescheinigung.  

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